Erst Strombedarf und Erzeugungs-Kapazität berechnen, dann Stromnetze ausbauen!
So lautete die Forderung von Ralph Lenkert, dem energiepolitischen Sprecher der Linken im Bundestag, der sich auch Dr. Werner Neumann vom BUND Hessen anschloss. Die beiden Experten informierten auf Einladung der Kreistagsgruppe Die Linke auf einer gut besuchten Veranstaltung in Hochheim-Massenheim über die Notwendigkeit des Strom-Netzausbaus in Deutschland und damit auch des Rhein-Main-Links.
Wie Lenkert erläuterte, wurden die ganzen Netzausbau-Planungen der letzten Jahrzehnte ohne ein Konzept zum 100% erneuerbaren Stromsystem erstellt. Dunkelflauten, Speicher, Ersatzkapazitäten und dezentrale Erzeugung sowie flexibler Verbrauch wurden bei der Netzplanung nicht berücksichtigt.
Der derzeit geplante Netzausbau koste rund 500 Mrd. Euro, was 25 ct/kwh an Netzentgelten für die Verbraucherinnen und Verbraucher bedeute.
Ein Hindernis sinnvoller Energieversorgung sei die deutsche Regelung der „Gebotszonen“ bzw. Preiszonen, denn es gebe in Deutschland keine getrennten, sondern nur eine einzige Gebotszone (s. Infobox am Ende).
Dr. Neumann führte aus, dass als Konsequenz dieser einheitlichen Preiszone immer noch Großkraftwerke statt kleinerer dezentraler Kraftwerke geplant würden. Amprion hätte einmal mit 16 Preiszonen in Deutschland gerechnet und dabei festgestellt, dass man gar keine neuen Höchstspannungsleitungen benötige. Denn dadurch würde der Strom auch nicht kreuz und quer durch Deutschland geschickt, weil jeder Energieversorger „sein“ Gebiet versorge und der Transport für die Stromversorger ja nichts koste – allerdings für die Verbraucher über die Netzentgelte bezahlt werde. Was gebraucht werde, sei ein Ausbau der Niederspannungs-Verteilnetze. Weiterhin warb er für die Unterstützung von Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften auch in Deutschland, bei denen sich Energie-Erzeuger und -Vermarkter zusammenschließen. Österreich sei diesbezüglich als Vorbild zu benennen.
Zudem bestehe ein Fehlanreiz dadurch, dass ein gleichmäßiger Stromverbrauch belohnt werde, ein an die Erzeugung angepasster aber teurer werde. Rechenzentren z.B. verbrauchten gleichmäßig viel Strom, zahlen aber ermäßigte Netzentgelte.
Für die Zukunft forderte Ralph Lenkert mehr leistungsfähige Strom- und Energiespeicher, bevor der Zubau von Windrädern oder sonstigen Kraftwerken forciert wird. Bio-Kraftwerke sollten bei ausreichend Wind und Sonne ihr Biogas in das Gasnetz einspeisen und keinen Strom erzeugen, statt das Windenergie abgeregelt wird.
Billiger Strom muss selbst verbraucht werden, statt ihn zu exportierten.
Beide Referenten waren sich einig in der Forderung nach Stopp des weiteren Netz-Ausbaus und Überarbeitung des Szenario-Rahmens. Dann würde der Strom auch billiger für die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Eine Gebotszone ist ein räumliches Gebiet, innerhalb dessen mit elektrischer Energie gehandelt wird ohne Rücksicht auf die Übertragungskapazität des Stromnetzes zu nehmen. Dadurch bildet sich innerhalb der Gebotszone ein einheitlicher Großhandelspreis für elektrische Energie. Innerhalb einer Gebotszone gilt die sogenannte „Fiktion der Kupferplatte“ – es wird also so getan, als ob die elektrische Leistung innerhalb der Zone ohne Kapazitätsbeschränkungen von jedem Kraftwerk zu jedem Verbraucher in beliebig großer Menge fließen könnte. So kann es zum Beispiel einem Kunden in München egal sein, ob er elektrische Energie aus einem Windpark in der Nordsee oder in Bayern kauft. Die günstigsten Erzeuger setzen sich auf dem Markt durch, unabhängig von der Transportkapazität des Stromnetzes. Die Übertragungsnetzbetreiber müssen Netzengpässen u. a. durch dem Redispatch von Kraftwerken entgegenwirken. Die Gesamtkosten für das Engpassmanagement betrugen im Jahr 2022 rund 4,2 Milliarden Euro, sie werden über die Netzentgelte auf alle Verbraucher umgelegt. Befürworter einer Teilung der Gebotszone argumentieren, dass durch die Bildung unterschiedlicher Preise u. a. Anreize für den verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien in Süddeutschland und eine flexiblere Steuerung der Nachfrage entstünden. Als … Argumente gegen eine Teilung der Strompreiszonen werden eine sinkende Rentabilität der Windenergie in Norddeutschland, … genannt. (aus Wikipedia) |
Dr. Barbara Grassel