Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Kämmerer reicher Kommunen wie Eschborn ungesicherte Geldanlagen bei einer kleinen, unbekannten Bank mit undurchsichtigem Geschäftsmodell tätigen. Im Falle Eschborns hat dies den Steuerzahler aller Voraussicht nach 35 Millionen Euro gekostet. Noch schlimmer ist die Erkenntnis, dass die für das Debakel Verantwortlichen im Eschborner Rathaus von den Akteuren der staatlichen Aufsicht mit gleichem Parteibuch bewusst verschont werden, indem jede echte inhaltliche Befassung mit der Angelegenheit regelrecht verweigert wird.
Jeder normale Bürger, der schon beim Falschparken staatlicher Maßregelung ausgesetzt ist, würde vermuten, dass Missmanagement einer kommunalen Verwaltung wie im Greensill-Fall Gegenstand einer neutralen gerichtlichen Überprüfung wird. Ansatzpunkte hätte es genug gegeben.
Doch im öffentlichen Bereich läuft Vieles anders: Damit ein solches Verwaltungshandeln überhaupt zu Konsequenzen führt, bedarf es politischer Mehrheiten. In Eschborn halten CDU, Grüne und FWE die Hand über den Bürgermeister und seinen Kassenverwalter. Irgendwelche Bestrebungen nach einer neutralen Aufklärung hat die Koalition seit zwei Jahren nicht unternommen. So wurde zwar ein Gutachten beauftragt, aber politisch verhindert, dass die Magistratsmitglieder der Opposition die Erstellung begleiten können. Vielmehr waren die einzigen Ansprechpartner der Gutachter genau diejenigen Personen, deren Handeln überprüft werden sollte: der Bürgermeister, die Leiterin des Finanzbereichs und der Kassenleiter. Das Ergebnis des Gutachtens stand damit von vorne herein fest.
Wenn sich also schon nach dem Willen der politischen Mehrheit in Eschborn auf keinen Fall ein Gericht mit dem Verlust der 35 Mio. Euro befassen sollte, so könnte man vermuten, dass sich die staatliche Aufsicht um den Fall kümmert. In Eschborn haben FDP, SPD und die Linke daher bereits Anfang 2022 eine über 20 (in Worten: zwanzig) -seitige Stellungnahme zu den Vorgängen in Sachen Greensill an den Landrat des Main-Taunus-Kreises (CDU) gerichtet, der die Kommunalaufsicht über die Eschborner Verwaltung ausübt. Aufgrund einer Anfrage der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag musste sich dann auch das CDU-geleitete Innenministerium in Wiesbaden als oberste Aufsichtsbehörde mit der Sache befassen. Doch sowohl die Kommunalaufsicht wie auch das Innenministerium betrachteten die Angelegenheit offensichtlich nicht juristisch, sondern nur politisch ergebnisorientiert. Und dies bedeutet unter einem CDU-Ministerpräsidenten ganz klar, dass ein CDU-Bürgermeister aus dem reichen Eschborn unter überhaupt keinen Umständen etwas falsch gemacht haben kann.
Das Ergebnis der Prüfung durch die Aufsichts- oder besser „Nachsicht“-Behörden hat deshalb ergeben, dass die Geldanlagen der Stadt Eschborn bei der Greensill Bank „noch“ mit der in Eschborn geltenden Kapitalanlagerichtlinie vereinbar gewesen seien. Als Beleg dafür verweisen die Aufsichtsbehörden auf ein juristisch umstrittenes Bestellgutachten, das der Bürgermeister für sich selbst als „Carte blanche“ beauftragt hatte.
An keiner Stelle setzt sich die Aufsicht – weder in Hofheim, noch in Wiesbaden – inhaltlich mit einem einzigen Sachargument auseinander. Obendrein berufen sich die Aufsichtsbehörden noch auf einen Revisionsbericht, in dem die Ersteller selbst darauf hinweisen, dass sie keine vertieften Kenntnisse von der Materie haben. Selbst der im Bericht des Akteneinsichtsausschusses formulierte Verdacht der Aktenmanipulation wird nicht aufgegriffen oder weiter geprüft. Die Sache wird einfach ad acta gelegt. So funktioniert Parteilichkeitsaufsicht im Main-Taunus-Kreis bzw. in Hessen.
Es stellt sich daher die Frage, ob es pure Unverfrorenheit der politischen Machthaber in Hofheim und in Wiesbaden ist, dass eine inhaltliche Befassung mit der Angelegenheit auf allen Aufsichtsebenen verweigert wird, oder aber fatale Inkompetenz. Das eine ist für den Rechtsstaat so schlimm wie das andere.
Die Eschborner Causa Greensill verdeutlicht in einzigartiger Weise das Versagen des staatlichen Aufsichtssystems zugunsten parteipolitischer Interessen.
Wer sich selbst eine Meinung zu diesem Aufsichtsversagen bilden möchte, kann sämtliche Unterlagen und Korrespondenz bei den o.a. Parteien anfragen.